Freitag, Mai 05, 2006

Problemlösung und das "Ich"

Wenn wir Probleme haben, so versuchen wir diese normalerweise mit oder durch unserem "ich" zu lösen. Fast alle Leute wollen ihre Probleme durch das Ich lösen, aber niemand fragt nach, ob nicht das Ich selbst ein Teil des Problems ist und somit das Problem gar nicht lösen kann. Wenn man zB einfach mal meine Telefonangst herauspickt als ein Problem, dass man lösen muss? dann setzt das Ich alles daran dieses Problem zu lösen, denn es will diese Angst ja nicht haben. Warum eigentlich nicht ? Soweit ich selbst dies in mir beobachten konnte, ist da erstmal der Mechanismus des Ausweichens, d.h. es beschäftigt sich mit dem Problem der Angst ohne sich wirklich mit der Angst zu konfrontieren, es entwickelt alle möglichen Theorien über die Angst und wie diese Angstüberwindung aussehen könne. In ganz schlimmen fällen wird die Angst auch einfach unterdrückt. Man meidet gleichzeitig auch potenzielle Situationen, die diese Angst hervorrufen könnten. (man wird also in seinem Handeln eingeschränkt dann)Das Ich hält "mich" also davon ab mich mit dem eigentlichen Problem auseinanderzusetzen. Das ist die Angst. Um sich mit der Angst con-frontieren zu können, muss eine akute Situation der Angst da sein.
Diese Situation ist nicht gegeben, wenn "ich" über die Angst nachdenke und wie die mögliche Angstüberwindung aussehen könne. Soweit ich beobachtet habe ist die Angst kein Problem mehr, wenn die Angst da ist. Dort wird nicht mehr herumtheorisiert. Wenn die Angst allerdings dann wieder weg ist wird wieder irgendwas über die Angst ausgesagt oder irgendeine Meinung über die Angst gemacht. Bei mir ist es häufig auch so, dass ich mich dann Kaputtlache über den ganzen Irrsinn den ich vor dieser (Angst)Situation fabriziert habe.

Die Angst, also das Gefühl der Angst, macht sich im Körper breit. Also unterhalb des Kopfes. Das gesamte Denken ist aber im Kopf. Das Denken kann auf die Angst also gar nicht reagieren, natürlich löst die Angst wohl verschiedene Gedanken im Kopf aus, die der Angst entsprechen, aber es geht viel mehr darum, dass die Angst mit dem Körper erfahren wird und nicht mit dem Denken. Deshalb kann auch nur der Körper sich direkt unmittelbar mit der Angst konfrontieren, weil sich das Gefühl der Angst im Körper ausbreitet, nicht im Kopf! Es geht bei der Angst zumindest bei mir, wie ich so eben feststelle nur um das Gefühl. Ich fliehe vor diesem Gefühl. Das Gefühl macht mir (=dem denken) "Angst" und deswegen weicht mein Denken aus.

Die einzige "lösung" ist also keine Theorie von der Angst und wie man diese Angst überwinden könne. Die einzige Lösung besteht darin, sich mit der Angst zu konfrontieren. Sie zu erleben! Voll und ganz wahrzunehmen (und genau hiervor sträubt sich ja das ich. Das ich kauft sich Zeit um solange wie möglich vor dieser Angst auszuweichen)


Das Ich selbst kann hier also eigentlich gar keine Lösung zum Problem der Angst anbieten. Es geht einfach nicht. Das denken kann höchstens Situationen schaffen, in dem es sich direkt mit der Angst konfrontiert. Die Konfrontation mit der Angst ist aber wie oben schon gesagt, ja eigentlich mehr im Bauch bis solarplexusbereich und hat mit dem Denken selbst nicht soviel zu tun.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

1.»Die erste und selbstverständliche Vorschrift ist ... ›Erkenne dich selbst‹«, worunter
er »die Förderung nach Vertiefung unserer Einsicht in die Ursachenketten unseres
eigenen Verhaltens« – das heißt in die Gesetze der Evolution – versteht (K. Lorenz,
1963). Ein Element dieser Einsicht, das von Lorenz besonders hervorgehoben wird,
ist »die objektiv-physiologische Erforschung der Möglichkeit, die Aggression in ih-
rer ursprünglichen Form an Ersatzobjekten abzureagieren« (K. Lorenz, 1963).
2.»Die zweite ist die Untersuchung der sogenannten Sublimierung.«
3.»... persönliche Bekanntschaft zwischen Menschen verschiedener Nationen und Par-
teien.«
4.Die vierte und vielleicht wichtigste Maßnahme, »die sofort ergriffen werden könnte
und müßte, ... ist die einsichtige und kritische Beherrschung« der im vorangehenden
Kapitel besprochenen Begeisterung, das heißt, man müßte »der jüngeren Generation
helfen, ... echte Ziele zu finden, denen zu dienen sich in der modernen Welt lohnt«.
Wir wollen uns dieses Programm Punkt für Punkt näher ansehen.
Lorenz wendet die klassische Forderung »Erkenne dich selbst« falsch an – und zwar
nicht nur im Hinblick auf ihre griechische Bedeutung, sondern auch im Hinblick darauf,
was Freud darunter versteht, der seine ganze Wissenschaft und die gesamte psychoana-
lytische Therapie auf die Selbsterkenntnis aufbaut. Für Freud bedeutet Selbsterkenntnis,
daß der Mensch sich dessen bewußt wird, was unbewußt ist; es ist dies ein äußerst
schwieriger Prozeß, weil man dabei auf den Widerstand stößt, der sich einer Bewußt-
machung des Unbewußten entgegenstellt. Selbsterkenntnis im Sinne von Freud ist nicht
nur ein intellektueller Prozeß, sondern gleichzeitig ein affektiver, wie er dies bereits für
Spinoza war. Es ist nicht nur eine intellektuelle Erkenntnis, sondern auch eine Erkennt-
nis des Herzens. Sich selbst zu erkennen, bedeutet, sich eine größere intellektuelle und
affektive Einsicht in bis dahin verborgene Teile der Psyche zu erwerben. Es ist ein Pro-
zeß, der bei einem Kranken, der von seinen Symptomen geheilt werden möchte, Jahre in
Anspruch nehmen und ein ganzes Leben lang andauern kann, wenn jemand ernsthaft er
selbst werden möchte. Er wirkt sich in einer Verstärkung der Energie aus, da diese jetzt
von der Aufgabe befreit wird, Verdrängungen aufrechtzuerhalten; daher wird der
Mensch um so wacher und freier, je mehr er mit seiner inneren Realität in Kontaktkommt. Was Lorenz dagegen unter »erkenne dich selbst« versteht, ist etwas ganz anderes; es ist das theoretische Wissen um die Tatsachen der Evolution und speziell um den
instinktiven Charakter der Aggression. Eine Analogie zu der Lorenzschen Vorstellung
von Selbsterkenntnis wäre etwa die theoretische Kenntnis von Freuds Theorie des Todestriebes. Nach den Argumenten von Lorenz zu urteilen, könnte sich die Psychoanaly-
se als Therapie praktisch auf die Lektüre der gesammelten Werke von Freud beschränken. Dabei fällt einem unwillkürlich ein Ausspruch von Marx ein, daß das Wissen um
die Gravitationsgesetze einen nicht vorm Ertrinken rettet, wenn man ins Wasser fällt,
ohne schwimmen zu können. »Ärztliche Verordnungen zu lesen, macht niemand ge-
sund«, sagt ein chinesischer Weiser.
Lorenz geht auf seine zweite Vorschrift, die Sublimierung, nicht näher ein. Was seinen
dritten Vorschlag betrifft, die »Förderung von persönlichen Bekanntschaften zwischen
Menschen verschiedener Nationen und Parteien«, so räumt Lorenz ein, daß es offensichtlich auf der Hand liege – selbst Fluggesellschaften machen für ihre internationalen
Reisen damit Reklame, daß sie der Sache des Friedens dienten. Leider stimmt die Vorstellung nicht, nach der die persönliche Bekanntheit die Funktion hat, Aggression zu
verringern. Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele. Die Engländer und die Deutschen
kannten sich vor 1914 recht gut, und doch waren sie, als der Krieg ausbrach, von wil-
dem gegenseitigem Haß erfüllt. Es gibt einen noch überzeugenderen Beweis. Bekannt-
lich löst kein Krieg zwischen verschiedenen Völkern so viel Haß und Grausamkeit aus
wie ein Bürgerkrieg, in dem sich die beiden kriegführenden Parteien besonders gut ken-
nen. Wird der Haß unter Familienmitgliedern etwa dadurch geringer, daß sie sich gut
kennen?


Erich Fromm

Anatomie
der menschlichen
Destruktivität