Mittwoch, Mai 03, 2006

Die innere Leere

Da ich innerlich ziemlich leer bin, betäube ich mich mit der Musik und dem PC. Sie bieten gleichzeitig eine gute Ablenkung sich mit sich selbst nicht auseinandersetzen müssen und man konfrontiert sich selbst nicht mit der Leere. Gleichzeitig scheinen diese Sachen die Leere zu füllen. Es geht hier darum etwas in sich selber zu erreichen durch äußere Einflüsse. Man versucht also die Leere mit irgendetwas zu füllen mit fernsehen schauen, mit einer Freundin oder einem Freund oder irgendwelchen anderen Sachen. Die Leere geht natürlich dadurch niemals weg, sie bleibt immer weiter da, ist nur nicht mehr der Fokus der Aufmerksamkeit. Man rennt vor dieser Leere weg. Wieder einmal mehr der Beweis, dass man den inneren Menschen durch äußere Einflüsse niemals ändern kann, solange diese Änderung nicht aus diesem Menschen selbst kommt. Wir versuchen uns selbst durch äußere Einflüsse zu ändern! Wie traurig ist das ?!? Das ist doch der Beweis für unsere Unfähigkeit uns selbst zu ändern. Was tut man in so einer Situation ? Das erste sinnvolle wäre wohl sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, namentlich der Leere, aber da sträubt sich etwas in mir dies zu tun. Wenn ich daran schon denke bin ich schon dem Weinen nah. Ist das etwa ein Problem für mich, zu weinen ? Die einzige Lösung kann nur daran Liegen der Leere in die Augen zu schauen, solange man vor ihr Flieht löst man gar nichts, man macht die Sachen dadurch eher nur noch schlimmer.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Langeweile und chronische Depression

Das Problem der Stimulation hängt eng mit einem Phänomen zusammen, das keinen ge-
ringen Anteil an der Erzeugung von Aggression und Destruktivität hat, nämlich der
Langeweile. Vom logischen Standpunkt aus wäre es angebrachter gewesen, die Lange-
weile schon im vorigen Kapitel zusammen mit anderen Ursachen der Aggression zu be-
handeln; doch war dies deshalb nicht möglich, weil die Diskussion der Stimulation eine
unentbehrliche Voraussetzung für das Verständnis der Langeweile ist.
Bezüglich Stimulation und Langeweile sind drei Typen von Personen zu unterscheiden:
1.Menschen, die die Fähigkeit besitzen, auf einen aktivierenden Reiz produktiv zu rea-
gieren, langweilen sich nicht.
2.Menschen, die ständig das Bedürfnis haben, »seichte« Reize zu wechseln, sind chro-
nisch gelangweilt; aber da sie ihre Langeweile zu kompensieren verstehen, kommt
sie ihnen nicht zum Bewußtsein.
3.Menschen, die nicht in der Lage sind, sich von einem normalen Reiz in einen Zu-
stand der Erregung versetzen zu lassen, sind krank; zuweilen sind sie sich ihres See-
lenzustands akut bewußt, manchmal sind sie sich der Tatsache auch nicht bewußt,
daß sie leiden. Diese Art der Langeweile unterscheidet sich grundsätzlich von der
vorangehenden, behavioristisch beschriebenen, die bedeutet, daß jemand gelangweilt
ist, wenn er nicht genügend stimuliert wird, während er zur Reaktion fähig ist, sobald
seine Langeweile kompensiert wird. Im dritten Fall wird die Langeweile nicht kom-
pensiert. Wir sprechen hier von der Langeweile in einem dynamischen, charaktero-
logischen Sinn, und man könnte sie als einen Zustand chronischer Depression be-
schreiben.
Aber der Unterschied zwischen der kompensierten und der nichtkompensierten chroni-
schen Langeweile ist nur quantitativ. In beiden Fällen fehlt es dem betreffenden Men-
schen an Produktivität. Beim ersten kann man das Symptom – wenn auch nicht seine
Ursache – mit geeigneten Reizen beseitigen; beim zweiten Typ ist sogar das Symptom
nicht zu beseitigen.
Der Unterschied geht auch aus dem Anwendungsbereich des Wortes »gelangweilt« her-
vor. Wenn jemand sagt: »Ich bin deprimiert«, so bezieht sich das gewöhnlich auf seinen
seelischen Zustand. Wenn jemand sagt: »Ich fühle mich gelangweilt«, dann will er in
der Regel damit etwas über die Außenwelt sagen; er möchte damit zum Ausdruck brin-
gen, daß diese ihn nicht mit interessanten oder amüsanten Reizen versorgt. Sprechen
wir dagegen von einem »langweiligen Menschen«, dann meinen wir die Person selbst,
ihren Charakter. Wir wollen damit nicht sagen, daß der Betreffende gerade heute lang-
weilig ist, weil er uns keine interessante Geschichte erzählt hat; wenn wir von jemand
sagen, er sei ein langweiliger Mensch, so meinen wir damit, daß er als Person langwei-
lig ist. Er hat etwas Totes, Unlebendiges, Uninteressantes an sich. Viele Leute würden
bereitwillig zugeben, daß sie sich langweilen, aber kaum einer würde zugeben, daß er
langweilig ist.
Die chronische Langeweile – ob sie nun kompensiert oder nicht kompensiert ist – stellt
eines der wesentlichsten psychopathologischen Phänomene in unserer heutigen
technotronischen Gesellschaft dar, wenn dies auch erst neuerdings in seiner Bedeutung
einigermaßen erkannt worden ist.
Bevor wir uns nun mit der depressiven Langeweile (im dynamischen Sinn) befassen.
scheint es mir angebracht, noch einige Bemerkungen über die Langeweile im behaviori-
stischen Sinn einzufügen. Menschen, die die Fähigkeit besitzen, auf »aktivierende Sti-
muli« produktiv zu reagieren, sind praktisch nie gelangweilt – aber sie sind die Aus-
nahme in unserer kybernetischen Gesellschaft. Die große Mehrheit leidet zwar nicht an
einer schweren Krankheit, doch kann man behaupten, daß sie an einer leichteren pathologischen Erscheinung leidet, nämlich an einer unzureichenden inneren Produktivität.
Derartige Menschen fühlen sich gelangweilt, wenn sie sich nicht stets wechselnde ein-
fache – nicht aktivierende – Stimulationen verschaffen können.


Erich Fromm

Anatomie
der menschlichen
Destruktivität