Dienstag, September 05, 2006

Praktikum

Ich arbeite jetzt seit gut einem Monat in einem Jugendhaus als Praktikant. Einige Dinge beschäftigen mich, auch wenn manche Dinge trivial erscheinen.

1. Jemand hat ein Sandwich bestellt und ich habe den Käse den Toast und die Salami für das Sandwich aus dem Kühlschrank geholt. G. kommt daher und fragt mich, ob wir nich noch angebrochenen Käse hätten, worauf ich dies verneint habe. (Ich hab im Kühlschrank natürlich nur nach der Verpackung gescannt und die war weg. War 2x der gleiche Käse in der gleichen Verpackung.) Der Käse war in einer Art Tupperdose (woher soll ich das wissen?Und die war auch nicht durchsichtig.) G. meinte zu mir, dass ich so etwas doch sehen müsse! Ich hatte Stunden vorher schon bemerkt, dass wir kein Sprudelwasser mehr hatten. G. hat das überhaupt nicht bemerkt. Ich hab auch niemandem gesagt, dass wir Wasser bräuchten. Und jetzt frag ich mich natürlich, ob G. überhuapt in der Position ist, mir zu sagen, dass ich doch genau schauen sollte, wenn sie selbst unfähig ist, zu sehen, dass der Sprudel alle ist und das ist nicht verdeckt oder schwer zu sehen. (Genau genommen hätte ich den ganzen Kühlschrank durchsuchen müssen, um zu schauen, ob da irgendwo noch angebrochener Käse herumliegt.)

2. Das Jugendhaus scheint Wert auf einen (guten) Ruf zu legen. Es ist traurig zu sehen, dass auch hier wieder das Image wichtiger ist, als die Leute die darin arbeiten. Sowas habe ich nicht erwartet. Nicht in einem Haus wo ein Sozialarbeiter arbeitet, wo der Mensch eigentlich die wichtigste Rolle einnehmen sollte. Es erinnert mich an den Film American Beauty wo Carolyn sagt "one must project an image of success." Und da ist der J. dann auch schon im Konflikt im Krieg. Er muss schauen, dass jeder Arbeiter dem Ruf nicht schadet bzw den guten Ruf aufrecht erhält.
Wozu ist der gute Ruf wichtig ? Mir scheint, der Ruf ist wichtig, damit die Leute kommen und Dinge kaufen. Ich glaube, es geht nur um Geld. Ich glaube, der gute Ruf muss wegen Geld aufrechterhalten werden. Mir könnte das hier alles ziemlich egal sein, nur zieht mich J. automatisch in seine Idealvorstellung (aufrechterhaltung des guten rufes) hinein. Er überfällt mich sozusagen mit seinem Ideal und beraubt mich meiner Individualität. Er zwingt mir etwas auf. Ja, er wendet psychische Gewalt an. Sowas würde man von einem Sozialarbeiter wohl nicht erwarten, jedenfalls nicht ich.

Das sind erstmal die zwei Dinge, die mich im Moment am meisten beschäftigen.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Zu 1.

Ja, er ist in der Position dir das zu sagen, wenn es zu deinen Aufgaben dazu gehört. Es hat nur etwas mit DIR zu tun, ob DU zuverlässig arbeitest. Diese Frage beschäftigt dich aus meiner sicht, weil du somit eine Ausrede für einen Fehler suchst -> "Er macht es so, also kann ich es auch so machen", "Er klaut, also kann ich klauen" usw. . Bei dir kommt raus "Er ist nicht besser als ich", demzufolge ist dein Fehler für dein Ego gerechtfertigt und meinst, dass du nächstes mal gar nicht darauf hören braucht was er dir zu sagen hat. Korrigiere mich, falls ich falsch liege.
Was du machst und was eine andere Person macht sind zwei verschiedene Welten. Egal ob einer etwas besser macht, oder schlecht macht, als du. Es geht dabei dann nur um dich, damit du dazu lernst. Oder kommt jetzt wieder soetwas "Er lernt nicht dazu, also brauch ich auch nicht dazu lernen?"?

zu 2.

Wieso hättest du sowas nicht von Sozialarbeiter erwartet? Der Ruf spielt eine sehr bedeutende Rolle. Wie du schon richtig erkannt hast (du brauchst es nicht nur glauben)geht es um Geld usw. . Man ist gezwungen seinen Ruf gut zu halten, wenn man weiter kommen möchte. Es gibt immer Regeln, an die man sich halten muss, auch wenn es einem nicht passt. Ein schlechter Ruf einer Firma bedeutet keine Kunden, kein Geld - man geht bankrott. Da aber auch ein Sozialarbeiter Geld zum überleben brauch muss er -genauso wie jeder andere Menschen, egal in welcher Branche- sachen machen, die er nicht mag. Schau einfach bei dir selbst. Es gibt vieles was du nicht machen möchtest, aber musst (oder andersrum), damit du deine Freundin behälst bzw. deine Freunde und neue bekommst. Der Ruf ist bei jedem wichtig, denn man hat immer einen und ein schlechter bringt nichts positives.

ElaMiNaTo hat gesagt…

Zu 2.

Die Frage ist: Gebe ich bewusst meine Authentizität auf ? Lebe ich lieber eine Illusion bzw Vorstellung von mir selbst oder von was anderem, oder darf ich ich sein ? Wenn ich bestrebt bin einen guten Ruf zu wahren (meine Vorstellung) dann muss ich irgendwann in Konflikt mit der Realität geraten ausserdem muss ich immer Anstrengungen ausüben um diesen guten Ruf zu wahren. Durch diese Vorstellung gerate ich also ausnahmlos in Konflikt. Nicht nur mit mir selbst, sondern auch mit der Umwelt.

ElaMiNaTo hat gesagt…

Zu 1:

Dann bin ich aber auch in der Position G. zu sagen, dass er den leeren Sprudel sehen sollte und dafür hätte sorgen müssen, dass neuer Sprudel kommt. In diesem Falle müssen wir beide dazulernen.

Übrigens erachte ich das als trivial ob ich nun einen neuen Käse nehme nur weil ich einen angebrochenen Käse nicht gesehen habe im Kühlschrank.